Ein Schwerpunkt der Arbeit an der Klinik für Chirurgie, Fachbereich Allgemein- und Viszeralchirurgie am St. Elisabeth-Krankenhaus in Dorsten liegt in der Behandlung von Hernien, auch Brüche der Bauchwand genannt. Hernien können z. B. an den Leisten, dem Nabel, der Bauchwand und an Narben entstehen. Die Leistenhernie ist der am häufigsten auftretende Bruch der Bauchwand.
Viele Eingriffe führen wir heute minimal invasiv durch. Das heißt, über kleine Hautschnitte und schlanke chirurgische Instrumente verschließen wir die Lücke in der Bauchwand. Das hat verschiedene Vorteile für Sie:
Der Goldstandard heute (in den meisten Fällen) ist, Hernien mit einem Netz aus Kunststoff zu versorgen. Er wird über die Lücke gelegt, fixiert und der Körper lässt ihn in das eigene Gewebe einwachsen. Die Rate der Rezidive bei dieser Technik ist gering und das Material ist gut verträglich.
Wir freuen uns sehr, Kompetenzzentrum für Hernienchirurgie zu sein – zertifiziert von der Deutschen Gesellschaft für Allgemein- und Viszeralchirurgie und von der Chirurgischen Arbeitsgemeinschaft Hernien (DGAV-CAH). Was dies genau bedeutet und wie wir bei verschiedenen Bauchwandbrüchen vorgehen, erfahren Sie auf dieser Seite.
Gerne beraten wir Sie persönlich. Nehmen Sie Kontakt zu uns auf!
Ursache für Hernien sind angeborene oder entstandene Lücken in der Bauchwand. Es sind sozusagen Risse in den weichen Anteilen der Bauchwand. Grundlage ist oft ein schwaches Bindegewebe: Die Bauteile des Bindegewebes sind Kollagenfasern, und sie sind in diesen Fällen schlicht schlechter vernetzt und damit nicht so stark. "Schuld daran" sind (vermutlich) unsere Gene, manchmal auch Unfälle. Durch diese Lücken können Organe aus dem Bauchraum treten. Sie sind dann zwar noch vom Bauchfell bedeckt, können sich aber unter Druck (etwa Husten) deutlich nach außen stülpen. Weitere Ursachen für Hernien können zum Beispiel sein: Verstopfung, Bauchwasser, Übergewicht oder Schwerstarbeit.
Eine Hernie hat
Symptome: Manchmal spüren Betroffene einen plötzlichen Schmerz in Leiste oder um den Nabel. Manchmal ist auch eine Vorwölbung zu tasten (vor allem etwa bei Belastung oder beim Husten).
Die meisten Eingriffe erfolgen in Vollnarkose.
Um eine Anerkennung als Kompetenzzentrum mussten wir uns bewerben, dafür unsere Arbeit nachweisen, unsere Arbeitsstrukturen und OP-Erfolge und -zahlen gegenüber der Deutschen Gesellschaft für Allgemein- u. Viszeralchirurgie (DGAV) transparent machen. Nach einem Audit, also einer Begehung der Abteilung durch externe Experten, erhielten wir das Qualitätssiegel Kompetenzzentrum für Hernienchirurgie im Oktober 2015.
Ziel der Zertifizierung: Die Deutsche Gesellschaft für Allgemein- und Viszeralchirurgie e.V. (DGAV e.V.) möchte die Qualität chirurgischer Behandlungen in den Kliniken verbessern und transparent machen. Auch für andere operative Eingriffe hat die Gesellschaft Zertifizierungsverfahren entwickelt. Grundlage ist immer die Frage: Arbeitet eine Klinik nach den aktuellen wissenschaftlichen Vorgaben und Qualitätsstandards? Kann eine Abteilung das nachweisen, ist das ein Zeichen dafür, dass sie Chirurgie auf hohem Niveau betreibt.
Dieses Siegel verpflichtet uns – denn um das Qualitätsmerkmal weiter zu behalten, müssen wir nach definierten Regeln arbeiten, und wir werden regelmäßig wieder überprüft. Beispiele dafür sind:
Zudem sind wir verpflichtet, jeden Eingriff zu dokumentieren – in dem (Online-)Register Herniamed.
Arbeiten wir erfolgreich?
Wir müssen nachweisen, dass wir gut arbeiten. Dazu gehört zum einen, dass sich unsere Therapien an den aktuellen medizinischen Leitlinien bewegen. Zum anderen müssen wir über die Dokumentation zum Beispiel nachweisen,
Das erreichen wir nur, wenn wir sorgfältig planen, gut vorbereiten und unsere Patienten auch nach dem Eingriff kompetent begleiten. Wir zeigen: Wir sind mit unserer Arbeit stets auf dem aktuellsten medizinischen Stand. Die Regeln der Zertifizierung besagen auch, dass wir bei 60 Prozent unserer Patienten nach einem Jahr nachfragen, wie es ihnen geht – um auch das zu dokumentieren. Wundern Sie sich also nicht, wenn Sie nach einem Jahr plötzlich wieder von uns hören.
Herniamed
In 2009 gründete sich die gemeinnützige Gesellschaft Herniamed (getragen von medizinischen Fachverbänden). Das ist ein bundesweites Netzwerk für Chirurgen, die einen Arbeitsschwerpunkt in der Hernienchirurgie haben. Das Ziel der Gesellschaft ist, die Behandlung von Hernien aller Art kontinuierlich zu verbessern. Ein zentraler Baustein dazu ist, die digitale Erfassung von Art, Umfang und Erfolg von Bruchoperationen zu erfassen. Die Ergebnisse werden bis zu zehn Jahre lang verfolgt. Aus den Ergebnissen leiten die Mediziner die besten Therapiemöglichkeiten ab und suchen nach Möglichkeiten, sie weiter zu verbessern.
Für eine Leistenhernie haben wir verschiedene Operationstechniken. Welche sich für Sie eignet, hängt zum Beispiel von Größe, Ort, und Art der Hernie, Ihrem Lebensstil (Machen Sie viel Sport? Fordert Ihr Beruf Sie körperlich sehr stark?) oder möglicherweise vorliegenden Vorerkrankungen ab.
Viele Leistenhernien können wir minimal invasiv versorgen. Dafür gibt es verschiedene Techniken. Besonders zu nennen ist die MILOS-Technik. Sie ist ein neues Operationsverfahren, das noch schonender ist als die bisherigen minimal invasiven Techniken. Für einige Patienten hingegen eignen sich offene OP-Verfahren besser. Das werden wir mit Ihnen ausführlich besprechen. Ein offener Eingriff ist oftmals besser, zum Beispiel
Minimal invasiv: TAPP-Operation (Transabdominelle Präperitoneale Plastik)
Während Sie in Vollnarkose sind, führen wir über kleine Schnitte unsere Instrumente (z. B. Licht, Arbeitskanal) in den Bauch ein. Der Bauch wird mit Kohlendioxid aufgeblasen – dadurch entsteht Platz im Bauch, sodass wir sicher arbeiten können. (Übrigens: Das Gas erklärt auch, dass Sie in den Tagen nach dem Eingriff Druckgefühl im Bauch, Blähungen oder Schulterschmerzen haben. Das Gas wird zwar nach der Operation wieder abgesaugt, aber Reste bleiben, und die können solche Beschwerden verursachen. Das ist aber harmlos und vergeht von selbst.) Nachdem wir die Hernie angeschaut haben, bereiten wir die Netzeinlage vor. Das Kunststoffnetz erhält dann seinen Platz zwischen Bauchwand und Bauchfell. Wir positionieren es so, dass es den aktuellen Bruch, aber gleichzeitig auch andere mögliche Bruchstellen verschließt.
Vorteile der OP sind:
Nach diesem Eingriff können Sie sich nach zehn Tagen wieder voll belasten.
Offen operativ: Lichtenstein-OP
Diese offene Eingriffstechnik eignet sich beispielsweise für Patienten nach großen Voroperationen. Denn Eingriffe verursachen oft Verwachsungen (Briden), die einen minimal invasiven Eingriff be- oder verhindern (können). Bei einer Lichtenstein-OP werden Inhalte des Bruchsacks (z. B. Darm) vorsichtig in den Bauchraum zurückgeführt. Auf die Bruchlücke wird ein Kunststoff gelegt und fixiert. Nach diesem Eingriff sollten Sie sich vier bis sechs Wochen nicht körperlich belasten.
Offen operativ: Shouldice
Zu diesem Eingriff raten wir womöglich jungen Menschen mit kleinen Leistenbrüchen. Während der OP wird der Inhalt des Bruchsacks vorsichtig zurück in den Bauchraum geschoben und die Bruchlücke mit Nähten (und nicht mit einem Kunststoffnetz) verschlossen. Nach diesem Eingriff können Sie sich nach sechs Wochen wieder voll belasten. Nachteil dieser OP ist, dass häufiger Rezidive, also erneute Brüche, auftreten. Die Wahrscheinlichkeit liegt bei fünf Prozent.
Eine Nabelhernie ist (nach der Leistenhernie) der zweithäufigste Bruch der Bauchwand. Bei Kindern findet man ihn oft nach Geburt. Er heilt in 98 Prozent der Fälle von alleine ab, das heißt, er verschließt sich. Passiert das nicht, sollte eine Operation erwogen werden. Denn auch bei Nabelhernien besteht das Risiko der Einklemmung. Hintergrund: Der Bauchnabel ist eine natürliche Sollbruchstelle. Nach der Geburt heilt der Nabel ab, es entsteht gewissermaßen eine Narbe und damit eine mögliche Bruchpforte. Bei Älteren sind die Ursachen die, die für alle anderen Hernien auch gelten – etwa hoher Druck im Bauchraum (z. B. nach einer Schwangerschaft, durch häufiges Husten und auch bei Übergewicht).
Auch Brüche des Nabels versorgen wir mit einem Kunststoffnetz. Wir bieten auch für diese Hernien die MILOS-Eingriffstechnik an. Operationstechniken: Kleine Nabelhernien (kleiner als zwei Zentimeter) können teilweise mit direkten Nähten verschlossen werden (Spitzy-OP). Bei größeren Brüchen versorgen wir den Bereich mit einem Kunststoffnetz. Das beugt Rezidiven vor, also einem Wiederauftreten des Bruchs. Das Netz wird in oder unter die Bruchlücke gelegt und fixiert.
Underlay-Technik: Präperitoneale umbilicale Mesh-Plastik (PUMP-Verfahren)
Über einen kleinen Schnitt unterhalb des Nabels wird das Netz hinter die Bauchwandmuskulatur und vor das Bauchfell gelegt. Das Netz hat keinen Kontakt zu den Bauchorganen (was Komplikationen wie Verwachsungen minimiert). Die Bruchlücke wird über dem Netz vernäht. Diese Methode eignet sich für mittlere Brüche.
IPOM-Technik (intraperitoneal onlay Mesh)
Über einige etwa einen Zentimeter kleine Schnitte werden endoskopische Instrumente in den Bauch eingeführt, ein beschichtetes Netz über der Bruchlücke eingebaut und mit Klammern fixiert. Diese Klammern lösen sich nach einer Weile selbst auf. Diese Methode eignet sich besonders für übergewichtige Patienten, bei sehr großen Brüchen und nach Voroperationen.
Für alle dieser OP-Techniken ist eine Vollnarkose erforderlich. Die Eingriffe werden teils durch endoskopische chirurgische Instrumente unterstützt. Damit wir Chirurgen dann ausreichend Übersicht im Bauchraum haben, wird der Bauch mit Kohlendioxid gefüllt.
Bestehen Voroperationen, können auch an den Narben Bruchlücken entstehen (meist innerhalb eines Jahres nach dem ersten Eingriff). Denn durch den vorherigen Eingriff ist sozusagen eine Sollbruchstelle entstanden. Nach etwa jedem zehnten Eingriff entsteht eine Narbenhernie. Hintergrund: Eigentlich sorgen verschiedene Muskel- und Bindegewebsschichten dafür, dass die Bauchwand fest ist. Ein Schnitt für eine Operation kann diese natürliche Festigkeit erschüttern: Das eigentlich elastische Gewebe wird durch weniger elastisches und Narbengewebe ersetzt, eine Sollbruchstelle ist entstanden.
Allgemeine Gründe für einen Narbenbruch können zum Beispiel sein:
Narbenhernien sollten chirurgisch versorgt werden, denn auch in ihnen kann der Bruchsack einklemmen (inkarzerieren).
OP-Techniken bei Narbenhernien
Wenn möglich (und sinnvoll) versorgen wir einen Narbenbruch minimal invasiv und bieten auch die MILOS-Technik an.
Kleine Narbenbrüche (kleiner als vier Zentimeter) kann man mit direkten Nähten verschließen. Für größere Brüche an Narben eignet sich das Verfahren nicht, denn die Rückfallquote ist zu hoch. In diesen Fällen arbeiten wir mit Kunststoffnetzen.
Je nachdem, wo das Netz eingelegt wird, heißen die OP-Techniken anders:
Unsere Klinik bietet auch das neue Operationsverfahren MILOS (Mini- or Less Open Sublay) an.
Hintergrund: Bei den heute üblichen minimal invasiven Eingriffstechniken zur Versorgung von Hernien wird das Plastiknetz über den Bauchraum eingeführt und/oder im Bauchraum fixiert (abhängig von OP-Technik). Eine (mögliche) Komplikation: Das Netz kann mit anderen Organen des Bauchs verwachsen und Beschwerden auslösen oder es kann eine Fremdkörperreaktion kommen, auch wenn die Netze von heute allgemein recht gut vertragen werden. Das ist bei der MILOS-Technik etwas anders. Bei der MILOS-Technik wird das Netz außerhalb der Bauchhöhle eingebracht und fixiert.
Zur OP-Technik: Die endoskopischen Instrumente werden in den Bauchraum eingeführt. Das Bauchfell des Bruchsacks wird entfernt und wieder zugenäht. Dann erfolgt die Platzierung des Kunststoffnetzes zwischen Bauchwand und dem Bindegewebe (und nicht zwischen Bauchwand und Bauchfell). Die Bruchlücke wird geschlossen.
Vorteile des Verfahrens sind: