Ein vorderer Kreuzbandriss ist die häufigste Verletzung des Kniegelenks. Statistisch gesehen ereignet er sich in Deutschland etwa alle 6,5 Minuten. Ein Kreuzbandriss kann außerdem mit zusätzlichen Schädigungen (zum Beispiel des Meniskus oder des Knorpels) einhergehen.
Vorderes und hinteres Kreuzband überkreuzen sich im Zentrum des Kniegelenks, verbinden den Oberschenkel- mit dem Schienbeinknochen und bilden den so genannten zentralen Pfeiler des Kniegelenks. Die Bänder haben unter anderem die Aufgabe, das Kniegelenk zu stabilisieren. Verletzungen betreffen zu mehr als 90 Prozent das vordere Kreuzband.
In der Regel entsteht eine Verletzung durch die Kombination aus einem verdrehen und gleichzeitigem Einknicken des Kniegelenks. In selteneren Fällen kann auch eine Überstreckung des Kniegelenks zu der Verletzung führen. Bei Erwachsenen tritt der Riss in der Regel im Verlauf des Bandes auf, bei Kindern ist oft ein knöcherner Ausriss am Schienbeinkopf zu beobachten.
Die meisten Patienten spüren die Verletzung als ein Reißen im Kniegelenk. Meistens kommt es recht schnell aufgrund einer Einblutung zu einer Schwellung (Kniegelenkerguss). Dies geht mit Schmerzen und einer Bewegungs- und Belastungseinschränkung einher. Wenn diese akuten Symptome abgeklungen sind, nehmen die Patienten oft ein subjektives Instabilitätsgefühl wahr. Das Knie „wackelt“.
Neben der klinischen Untersuchung und der klassischen Vorgeschichte ist eine Röntgenaufnahme des Kniegelenks notwendig, um eine Verletzung des Knochens auszuschließen. Durch eine Kernspintomographie (MRT) können zusätzliche Begleitverletzungen (z. B. Meniskus, Knorpel) entdeckt werden.
Die Entscheidung für oder gegen eine Operation hängt von einer Vielzahl von Faktoren ab: vom Alter des Patienten, Begleitverletzungen, beruflichen Anforderungen oder sportlichem Aktivitätslevel (Kontaktsportarten!). Nicht immer muss man den Riss operativ behandeln. Eine konservative Therapie in Form eines intensiven Muskelaufbautrainings kann in Einzelfällen angemessen sein.
Prinzipiell wird jedoch besonders bei sportlich aktiven Menschen die operative Versorgung angestrebt, um dem Knie wieder eine ausreichende Stabilität zu geben. Außerdem treten zum Beispiel gerade bei sogenannten "Stop-and-Go“ Sportlern (etwa Handballspielern) innerhalb weniger Jahre Folgeverletzungen wie der Riss des Meniskus auf. Auch dies sollte in die Therapieplanung einfließen.
Bei sehr aktiven Sportlern kann die Operation innerhalb der ersten Tage nach dem Riss erfolgen. In den meisten Fällen wird die Operation jedoch erst nach Abklingen der Entzündungsreaktion und einer Phase der Krankengymnastik durchgeführt. Wesentlich ist, dass zum Zeitpunkt der Operation das Knie wieder weitgehend normal beweglich ist.
Körpereigene Sehnen zum Ersatz des Kreuzbandes sind heute im Gegensatz zu synthetischen Transplantaten oder einer Naht etabliert. Durchgesetzt hat sich die Verwendung der Kniebeuger- oder der Kniescheibensehne, die eine dem natürlichen Kreuzband entsprechende Reißfestigkeit und Stabilität haben. Durch eine Arthroskopie (Gelenkspiegelung) erfolgt der Kreuzbandersatz heute minimal-invasiv. Eine komplette Eröffnung des Kniegelenkes wie in früheren Zeiten ist in der Regel nicht mehr notwendig. Nur die Sehnenentnahme erfolgt über einen kleinen Hautschnitt.
Nach einer entzündungshemmenden Therapie sollte am Anfang die Belastung geringgehalten werden. Dann erfolgt eine strukturierte, physiotherapeutische Nachbehandlung. Kontrollierte Belastungen, etwa auf einem Ergometer, können nach drei Monaten beginnen. Eine auch für Kontaktsportarten belastungsstabile Funktion des Kniegelenks wird mit einem gezielten Rehabilitationsprogramm in der Regel acht bis neun Monate nach der Operation erreicht. Die Therapie kann sich aber gerade auch bei Freizeitsportlern bis zu einem Jahr hinziehen.